Viele Entrepreneure, die ich persönliche kenne und viele, die wir im Stratocoach-Programm begleiten dürfen, würde ich als erfolgreich bezeichnen - wie auch immer man Erfolg definieren möchte. Über die Jahrzehnte habe ich ausserhalb des Programms jedoch mehr Unternehmerinnen und Unternehmer kennengelernt, die irgendwo "steckengeblieben" sind (ich dann und wann inklusive).
Viele von diesen Unternehmern stehen sich dabei selbst im Wege und scheinen immer wieder ähnliche oder gar die gleichen Fehler zu machen. Fehler, die man einfach beheben könnte, die aber, wenn man sie unadressiert lässt, über Champagnerlaune oder Katerstimmung, über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Hier sind fünf Anzeichen, die Ihnen helfen herauszufinden, ob Sie sich als Unternehmerin oder Unternehmer selbst im Wege stehen:
1. Sie können einen Task nicht beenden, bevor Sie eine neue Aufgabe anpacken
(die "Perfektions-Paralyse")
Es gibt Unternehmer, die können Dinge einfach nicht fertig machen. Aus welchen Gründen auch immer – und ungeachtet wieviel Zeit oder Ressourcen zur Verfügung stehen – sie können bei einer Aufgabe, einem Tasks, einem Projekt oder einem neuen Produkt den Sack einfach nicht zu machen.
Vielleicht liegt es an der Angst, dass das "Endprodukt" dieses Tasks noch besser sein könnte oder sie sind besorgt, dass das, was sie fertig machen sollten noch nicht perfekt genug ist. Ich kann's schlecht beurteilen. Sie bringen die Dinge einfach nicht raus, an den Mann, auf den Markt. In der Sprache der Küche: Sie können Dinge einfach nicht "schicken".
Es gibt heute eine Fülle an Unternehmerliteratur, zum Thema Lean Entrepreneurship - dem an Bedeutung gewinnenden, neuen Paradigma für Innovation und Business-Modell-Entwicklung für wachstumsorientierte Unternehmen. Im modernen und hyper-dynamischen Kontext, in dem sich Unternehmer und Unternehmen in Zukunft bewegen müssen, wird dieses "leane" denken über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Da kann man nicht zögerlich bleiben. Und man kann es sich schon gar nicht leisten, den Sack nicht zuzumachen und ein Produkt nicht zu "schicken".
Der einzige Grund etwas anzufangen ist, "es" abzuschliessen. Und da Projekte, die wir anpacken, oft nie fertig werden, müssen wir lernen, dass sie ungeachtet des Perfektionsgrades "ausgeliefert" werden müssen. Anders rum: Lieber ein Bananenprodukt ausliefern, dass dann beim Empfänger reift, als eine Schachtel fauler Bananen ausliefern, die man nicht mal mehr für Kompott brauchen kann.
In unserem Programm puschen wir den Begriff des "Pareto Mindset". Hier angewendet bedeutet dies: Wenn "es" (Task/Projekt/Produkt/Software/Business-Idee) 80 Prozent fertig ist, dann ist es gut genug. Es ist reif. Warum? Weil wir als Unternehmer unsere "Dinge" ausliefern müssen - bevor's ein anderer tut und es für uns dann vielleicht schon zu spät ist.
2. Sie tun alles selbst
(der "Obi-Unternehmer")
Die erfolglosen, steckengebliebenen, strebsamen Macher unter den Unternehmern wollen praktisch alles selbst tun. Ich kenne Unternehmer, die kontieren Buchhaltungsbelege, basteln an ihrer Website rum oder verlieren sich bei der Suche nach dem günstigsten Kopierpapierangebot. Sie glauben nicht daran, dass ein anderer einen Job oder Task genauso hinkriegen, wie sie selbst.
Aber selbst wenn diese "Obi-Unternehmer" diesbezüglich Recht hätten (was anzuzweifeln wäre, weil niemand überall wirklich gut sein kann) wäre "Do It Yourself" eine nicht-nachhaltige Unternehmems-Philosophie. Bei uns im Programm diskutieren wir Strategien und Konzepte wie die "Sweet Zone Strategie" (Fokussierung des Unternehmers auf das, was ihn/sie stark macht und antreibt), das "strategische Kernteam" (Team, das dem Unternehmer alles abnimmt, was ausserhalb seiner "Sweet Zone" liegt) und der "Delta Delegation" (Prozess der Übergabe aller Tasks, die ausserhalb des unternehmerischen Stärkenprofils liegen).
Falls Sie Ihr Unternehmen zum Blühen bringen wollen, müssen Sie sich auf andere verlassen und ihnen vertrauen können. In der Theorie predigte schon der Soziologe Niklas Luhmann "Vertrauen als Konzept zur Reduktion von Komplexität". In der Praxis braucht drum ein jeder von uns Unternehmern ein vertrautes Support Team, das uns die "sinnlosen", nicht Zielbeitrags-relevanten Dinge abnimmt. Selbst diejenigen Unternehmer unter uns, die überall kompetent zu sein glauben.
3. Sie lernen nicht aus Ihren Fehlern
("Fehlerblindheit")
Hier in der Schweiz gab's in diesen April zum ersten Mal die Failcon - eine Konferenz, die sich ausschliesslich mit dem Scheitern von Entrepreneur und Unternehmen befasst hat. Tolles Konzept mit teils dramatischen Fallbeispielen. Falls Sie's noch nicht getan haben, melden Sie sich fürs nächste Jahr an. Auch bei uns im Programm lieben wir die Fehler, welche die teilnehmenden Entrepreneure in der Vergangenheit gemacht haben. Jeder Fehler dient als Lern- und Reflektionsmaterial, besser als jedes Management-Handbuch...
Dennoch bemerke ich innerhalb oder ausserhalb des Stratocoach-Programms, dass es vielen Unternehmern immer noch schwer fällt, Fehler zuzugeben oder gar darüber zu sprechen. Aus harter Erfahrung weiss ich, dass wenn Sie dies nicht tun, dann verpassen Sie eine der wohl besten Lernmöglichkeiten (auch wenn Sie diese Lerneinheiten manchmal teuer zu stehen kommen, wenn Sie wissen, was ich meine).
Ich habe schon Geld, Nerven und nicht zuletzt meinen Humor verloren, weil ich Fehler gemacht habe. Sie vielleicht auch. Und das Beste daran war bislang immer, dass ich (und wahrscheinlich auch Sie) daraus gelernt haben. Zum Wohle des Fortkommens.
Jeder von uns macht Fehler. Zum Glück. Denn Fehler sind genauso Pflastersteine auf dem Weg des Erfolgs wie die Dinge, die Sie richtig tun.
Die Amerikaner sagen "Fail fast...", und ich füge dem nur noch hinzu "...and learn your lesson".
4. Sie stellen Fragen, hören die Antwort aber nicht
("Replikophobie")
Sie, ich, wir alle kennen den Typus Mensch, von dem ich spreche. Sie fragen Sie nach Ihrer Meinung sind aber nur an Ihrer Antwort interessiert, wenn Sie das bestätigt, woran der Fragende glaubt und sein/ihr Weltbild bestätigt. Das ist überraschend, denn Unternehmer in dieser Kategorie umgeben sich stets mit Leuten, die ihnen zustimmen, mit "Nickern". Und das ist schlecht fürs Geschäft.
Wir alle treffen bessere Entscheidungen, wenn wir unsere Sturheit hinter uns lassen, wenn wir die noch so unterschiedlichsten Meinungen nicht nur respektieren sondern auch akzeptieren und verstehen.
Ich werde nicht müde, den Paradigmenwechsel in dem wir uns aktuell befinden, zu thematisieren (der kanadische Autor Mitch Joel nennt dies das "unternehmerische Purgatorium"): Die Welt des Unternehmers wird immer schneller, vernetzter, sozialer und unsere Kunden sind uns Unternehmern immer weiter voraus. Wenn wir hier auf stur stellen und konträre Meinungen - vor allem seitens Markt - negieren, dann dürften wir rasch vom Fenster weg sein.
Drum mein Rat: Höre deinen Kunden richtig zu, sonst tut's ein anderer.
5. Sie finden immer Gründe, etwas nicht zu tun
("Ratio-Paralyse")
Die Zeit ist nicht reif. Die Wirtschaft ist im tief. Ich habe nicht genügend Ressourcen...Wie auch immer die Ausrede sein mag, es gibt immer einen Grund, etwas nicht anzupacken.
Stellen Sie sich ein Champions-League-Spiel vor. Kontersituation. Traumpass. Der Ball fliegt Ihnen zu. Die gegnerische Verteidigung überflügelt. Sie sind kurz vorm gegnerischen Sechzehner, alleine. Der Torwart weit draussen. Der Fussballer-Instinkt sagt: Abdrücken. Und was macht der zögerliche Unternehmer?
Der sagt sich: Vielleicht sollte ich den Ball noch über eine Station laufen lassen. Vielleicht wär's besser, ich warte, bis die anderen nachkommen. Und sowieso das Licht blendet und der Rasen ist zu schnell...Chance vorbei, aus, finito, "...habe fertig...".
Alles, was Sie tun müssen, ist den "GO"-Knopf zu drücken. Egal, ob der Ball im Netz landet oder nicht. Unternehmersein heisst, das Risiko lieben, den Mut haben, Dinge zu wagen, für die andere den Zeigefinger zur Stirn führen. Deshalb haben Sie, habe ich, haben wir alle diesen Weg gewählt.
Nochmals, die Zeiten werden nicht langsamer, die Möglichkeiten nicht weniger. Wer hier mit dem Ball hadert und zögert, muss sich nicht wundern, wenn einem der junge, agile, flinke Gegner den Ball unter dem Fuss wegzaubert und dann ein Gegentor schiesst.
Mein Fazit hier, in Anlehnung an Nr. 4: Pack deine Chance. Sonst tut's ein anderer.
Und Sie? Kennen woran erkennen Sie an sich oder an anderen, dass wir uns Unternehmer manchmal selbst im Wege stehen?


